Roswitha & Dieter 
2006-2009 Bilder für den Fluss
26. Februar 2009 um 18 Uhr

E I N L A D U N G

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A s c h e n g l u t

Vom Aufleben der Bilder
AUS DER KUNSTAKTION BILDER FÜR DEN FLUSS 
in Deutschland und Lettland 2006
von Roswitha & Dieter
Installation * Malerei * Grafik
26. Februar bis 22. März 2009 in der Alten Posthalterei Melle


Statement zur Ausstellung 
Aschenglut 
von Roswitha & Dieter

   Wir hoffen, dass Aschenglut noch nicht das Ende unserer Arbeit sein wird - 
doch ist diese Ausstellung eine Art Rückblick


   Bilder im Fluss - so nannten wir unsere internationale Kunst-Aktion,  welche von Melle und Osnabrück aus an die lettische Daugava ging. 
   Bilder im Fluss - so könnte man auch unsere Arbeit im Ganzen nennen. Sie ist der Fluss einer bildlichen Bewältigung des Lebens, das in unserem Falle (beide Jahrgang 1939) mit dem Ausbruch des II. Weltkriegs begann. 

   Die Kriegs- und Nachkriegszeit führte bei mir, Dieter, zunächst zu individualistischer Weltabgewandtheit und zu Mal-Ergebnissen, die ich "Nachbilder auf der Netzhaut" nannte. Gemeint war die ästhetische Erinnerung an einmal gesehene Bilder - z.B. an den Isenheimer Altar des Matthias Grünewald oder die Marien-Bilder Leonardo da Vincis.
   Roswitha hingegen entdeckte als Lehrerin die ins Soziale gerichtete Theater-Arbeit. Bei Schüler-Theatertreffen gelangten ihre Erarbeitungen nach S. Mrozek (Auf hoher See), Georg Büchner (Leonce und Lena) und Wolfgang Borchert (Draußen vor der Tür) in Osnabrück zu öffentlicher Beachtung. Und schließlich zogen Krieg im dritten Stock nach Pawel Kohout und Die Physiker nach Friedrich Dürrenmatt auch die Kulturinteressierten Melles in ihren Bann (in der Alten Posthalterei und im Gemeindehaus von St. Matthäus).


Gemeinschaftliche Kunstprojekte

wie die mit Schülern - führten auch zum Zusammenwirken mit Künstlern aus anderen Sparten. Mit dem Meller Cellisten Willem Schulz und der Ausdrucks-Tänzerin Erneste Junge aus Osnabrück erarbeitete Roswitha das multimediale Gesamtbild Sokrates macht Musik, an dem ich mit Malerei, Text und Darstellung des Sokrates teilnahm. (1990 in der Kunsthalle Dominikanerkirche, 1991 im Kulturforum Lüneburg)

      Mit Roswitha betrieb ich von da an Kunst nicht mehr als Flucht ins Innenleben, sondern als kritische Öffnung für die politische Wirklichkeit. Ihr erster Höhepunkt in Melle war Dem Rat nichts verraten - eine Aktion im Einvernehmen mit dem damaligen Bürgermeister Clemens Schwertmann. Darin wurde 1995 eine Sitzung des Meller Stadtrats Bestandteil des "Höhlen- Gleichnisses" (nach Platon, Der Staat). Sokrates, von Roswitha & Dieter abwechselnd verkörpert, bezeichnete ein ausschließlich von Geldinteressen beherrschtes Denken als Gefangenschaft in einer Höhle und versuchte, die Gedanken der Ratsherren mit einem Blick auf andere Werte zu befreien. Zwei Nachbilder auf Malereien Leonardo da Vincis und Matthias Grünewalds bildeten ein Tor aus der Höhle der in Politik und Wirtschaft oft beschworenen "Sachzwänge" hinaus. 
   Manchmal bedarf die Kunst jedoch selbst der Befreiung. Seit dem Mauerfall konnte ihr in Deutschland zwar kein bärtiger Diktator noch etwas befehlen, aber es schien sich inzwischen ein gut rasierter Diktator etabliert zu haben - der Handel. Die "documenta" zeigte 1997 seine düsterste Höhle - das verdunkelte Fridericianum von Kassel, wo nur Monitore der Marke SONY flimmerten. Zur Befreiung der Kunst aus der Verwechslung mit Bild-Schirmen begossen wir mit anderen Besuchern - draußen im hellen Sonnenlicht - eine verdorrte Beuys-Eiche. Seitdem trösten wir documenta-Besucher mit weiteren  gemeinsamen Befreiungsbildern. 

   Wichtig blieb uns aber vor allem die Befreiung des eigenen Bewusstseins aus der Düsternis der Geschichte. In unserer Region entstand das Aktionsbild gehenkt - gehängt - ein "Gehen im Quadrat der Betonstühle" zum Gedenken an die Osnabrückerin Elfriede Scholz, geb. Remark. (1998 in Melle und Gütersloh, 1999 in Osnabrück - s. Heft 7 der E.M.-Remarque-Gesellschaft )


Eine Pilgerfahrt der Kunst,

die sich voller Abbitte auch durch Osteuropa zieht - diese Möglichkeit bot sich uns leider erst spät. Aber in einer Welt voll nicht enden wollender Macht- und Habgier, deren wichtigstes Mittel wie immer der Krieg, und deren Folgen wie immer Verwüstung und mitmenschliches Elend sind, kommt man noch rechtzeitig. Zur Jahrtausendwende begannen wir, dieses aufwändige Kunst-Projekt zu entwickeln, von dem wir hoffen, dass es die fatale menschliche Situation bewusst machen und den Willen zu gewaltfreien Wegen wecken könnte. 
 

   Das Projekt bestand darin, zwölf großformatige Nachbilder auf historische Malerei, welche die christliche Botschaft enthält, den Kriegsfluss Düna hinabschwimmen zu lassen - durch ein EU-Land, über das eine lettische Dichterin der Gegenwart sagt: Lettischer Mensch / du bist auf der Kreuzung geboren / und auf der Kreuzung wirst du begraben / wenn dich der nächste Krieg überrollt.


Aschenglut

ist eine Nachbetrachtung dazu. Es ist eine Ausstellung von Malerei und Graphik, welche auch schon früheren Projekten diente. Da sind z.B. Fotoarbeiten nach Briefen eines Frontgeistlichen des I. Weltkriegs an die Familie Wilhelm Lanvermeyer, welche in Melle eine Firma für Landmaschinen betrieb. Den Kriegs-Fotos sind deshalb friedliche Pflanzen zugeordnet - zu Quadraten geschöpft von Gerhard Schengber, Melle, der auch die Geh-Quadrate aus Beton für gehenkt - gehängt entwarf. 

   Durch die Meller Ausstellungsräume ziehen sich nun fünf am Boden installierte Aschebilder. Es sind handgeschöpfte Papiertafeln, welche mit Holzasche, Dammarharz und Lithopone beschichtet sind. Sie stehen für die fünf großen Marienbilder, die als Pilger auf der Düna - lettisch: Daugava - die KZ-Gedenkstätte von Salaspils erreichten und dort vor Entsetzen in Flammen aufgingen. 
    Die Kriegs-Fotos werden unterstützt von einem Bildobjekt, in dem der österreichische Lyriker Georg Trakl aus einem Brandloch in Leinwand und Papier schaut. Wir nennen es eine Ikone; denn es ist auch ein Gedenken - diesmal an einen Mann, der als Sanitäter auf den Schlachtfeldern des I. Weltkriegs seelisch zugrunde ging. 
   Auch Elfriede Scholz und Sophie Scholl schauen durch Brandlöcher. Sie setzen eine Reihe kleiner Marien-Ikonen (nach Bellini, da Vinci und Grünewald) in unsere Zeit fort. 

   Die Asche führt zu den Kassandra-Rufen aus dem alten Troja. Sie wurden von mir im Jahre 1985 auf Bundeswehr-Zeltplane gemalt. Man könnte dabei auch an Lots Frau denken, die beim Blick auf Sodom und Gomorra zur Salzsäule erstarrte. Und das führt wieder zurück zu den Kriegsfotos und zu Trakl, der mit seiner Gedichtzeile "und fiel ein feuriger Regen auf mich", das nicht enden wollende Sodom und Gomorra unserer Zeit beklagt. 

   Darauf bezieht sich - wie ein vorzeitiges Schlussbild - auch eine Malerei nach Masaccio. Es hat die größte Bildfläche der Ausstellung (300x300cm) und den Titel Nach uns das Paradies. Ja, n a c h uns. Denn wie es aussieht, kann die Erde erst dann wieder zum Paradies werden, wenn es uns nicht mehr gibt. Und das scheint die eigentliche menschliche Tragödie zu sein - dieser innere Widerspruch. Wir haben das Paradies vertrieben und tun das auch weiterhin - und dennoch sehnen wir uns nach ihm. 
 

   Die Ausstellung beschreibt diesen Widerspruch. Sie zeigt nicht nur Asche, sondern auch Sehnsucht. Und diese Sehnsucht spiegelt sich in Nachbildern anderer Art, in unseren ästhetischen Erinnerungen an das Erlebnis des Lichts, des Flusses und seiner Inseln - in Bildern, welche in der Alten Posthalterei neu sind und ganz oben hängen. 



 
 
Kunst vor Ort
 ZWÖLF BILDER FÜR DEN FLUSS
Pilgerweg Daugava
english version
Gleznas Upei
 

Termin

Donnerstag, 
26. Februar 2009, 
um 18:00 Uhr
Alte Posthalterei Melle, Haferstr. 17, Melle


Aschenglut
Vom Aufleben der Bilder
AUS DER KUNSTAKTION BILDER FÜR DEN FLUSS in Deutschland und Lettland 2006



 



Aktuelle Veranstaltungen:
A s c h e n g l u t

Vom Aufleben der Bilder
AUS DER KUNSTAKTION BILDER FÜR DEN FLUSS in Deutschland und Lettland 2006
von Roswitha & Dieter
Installation * Malerei * Grafik
26. Februar bis 22. März 2009 in der Alten Posthalterei Melle

Zur Eröffnung der Ausstellung
am Donnerstag, 26. Februar 2009, um 18:00 Uhr
in der Alten Posthalterei Melle, Haferstr. 17,
laden wir Sie und Ihre Freunde herzlich ein.



Durchgeführte Aktionen und Veranstaltungen in Lettland

22. November 2008 um 16 Uhr
Stadtbibliothek Melle, Weststraße 2, 49324 Melle

MERIDIAN DES SCHMERZES
EINE LITERARISCHE PERFORMANCE
Von Roswitha & Dieter Pentzek

Die Aktion beginnt am 5.September 2006 um 16 Uhr (4 o’clock pm) mit einer Ausstellung
der zwölf Schwimmbilder Dieter Pentzeks in der Zitadelle von Daugavpils.
Daugavpils ist der Geburtsort des amerikanischen Künstlers Mark Rothko (1903-1970).
In der Zitadelle soll später ein Mark-Rothko-Museum entstehen.

Am 11.September 2006 (Mo) werden die Bilder um 10 Uhr (10 o’clock am) dem Fluss übergeben.
Begleiten der Bilder, die hoffentlich bis Koknese gelangen.

Am 1.Oktober 2006 (So) um 20 Uhr (8 o’clock in the evening) werden die Reste der Bilder
in einer Feuerplastik in der Gedenkstätte Salaspils bei Riga verbrannt.
Dazu ist ein Klangbild zu hören mit Zitaten aus dem Violinenkonzert „Distant Light“ von Peteris Vasks, aus Intrada & Fuge von W. A. Mozart
und ein Prosatext aus „Von der Heimat“ von Matthias Knoll (Arrangement Roswitha Pentzek).

Am 4.Oktober 2006 um 16 Uhr (4 o’clock pm) ist die Vernissage einer Ausstellung in der Galerie „Manss“
in Jekabpils mit Grafiken von Dieter Pentzek zum Thema „WOLKENFRAUEN“ („MAKONU SIEVIETES“).

Wir danken den Städten Jekabpils, Daugavpils und Salaspils für ihre großzügige Unterstützung
des Projektes in Lettland. Unser Dank gilt allen Helfern und FreundInnen aus diesen Städten.
Für das Zustandekommen des Klangbildes sind wir Peteris Vasks und Matthias Knoll zu besonderem Dank verpflichtet.
 



Durchgeführte Veranstaltungen vor Ort

Alte Posthalterei Melle
Haferstraße 17, 49324 Melle
Eröffnung am Mittwoch 29.03.2006, um 18:00 Uhr
Dauer der Ausstellung vom 29.03. bis 20.04.2006
Öffnungszeiten: Di-So 15:00 - 18:00 Uhr

Stadtgalerie Osnabrück
Große Gildewart 14, 49074 Osnabrück
Eröffnung am Freitag 31.03.2006, um 18:00 Uhr
Dauer der Ausstellung vom 31.03. bis 30.04.2006
Öffnungszeiten: Di-Fr 15:00 - 20:00 Uhr, Sa 11:00 - 20:00 Uhr, So 11:00 - 19:00 Uhr
www.osnabrueck.de/erlebnis

 Tischgespräch in der Stadtgalerie Osnabrück
am Mittwoch 19. April 2006 um 19.30 Uhr
zur Problematik der Performance, "Bilder in einen Fluss zu werfen"
mit Dr. Andrea Otte, Kuratorin MARTa Herford, Moderation
und Burkhard Jasper, Bürgermeister Osnabrück, Michael Göcking, Pastoralreferent Melle, Dr. Silvana Kreyer, Kulturmanagerin Langenberg,
 André Lindhorst, Leiter der Kunsthalle Osnabrück, Dr. Ralf Plagwitz, Internist Melle, Klaus Thomas Schnittger, Schriftsteller Osnabrück,
Ulrike Schwarz, Lebensmittelchemikerin Osnabrück, Volker-Johannes Trieb, Künstler Osnabrück

In der Galerie Moser, Heger Str. 26, in Osnabrück befindet sich eine Installation nach Da Vinci.

Für die Unterstützung der Realisation danken wir der Stadt Melle,
dem Deutsch-Baltischen Freundeskreis Melle e.V., der Kreissparkasse Melle, der Stadt Osnabrück.
 
 

Email an Roswitha & Dieter



 
"Pontormo-Madonna I", Radierung
"Das Rot der Maria", Tempera/Lwd, 185x250cm, 1989
"Pontormo-Madonna II", 2006


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